Pressemitteilung
Dr. Peter Liese
Mitglied des Europäischen Parlaments
Büro Brüssel
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Fax 00322/2849981
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14.11.03
Knappe Abstimmung zur Förderung von embryonaler Stammzellforschung
aus dem Europäischen Haushalt erwartet
EVP für Regelung im Sinne des deutschen Bundestages
Das Europäische Parlament wird in der kommenden Woche in Straßburg
über
die Förderung der Forschung mit menschlichen embryonalen Stammzellen
und
menschlichen Embryonen aus dem europäischen Haushalt abstimmen.
Die zuständigen Ausschüsse des Europäischen Parlaments
haben sich in
dieser Frage extrem gegensätzlich geäußert. Der Rechtsausschuss
des
Europäischen Parlamentes nahm mit 18 zu 13 Stimmen eine Position
an, die
auf einen Ausschluss dieser umstrittenen Forschung von der Förderung
durch die EU hinausläuft. Der federführende Industrieausschuss
wies das
Votum des Rechtsausschusses zurück und nahm mit 28 zu 23 Stimmen
eine
Position an, die vor allen Dingen bei dem entscheidenden Änderungsantrag
10 die Kriterien noch weniger strikt ansetzt als die Europäische
Kommission. Das von der Europäischen Kommission vorgeschlagene
Stichtagsdatum für Embryonen, nicht zu verwechseln mit dem
Stichtagsdatum für Zellen wie in Deutschland, wurde vom
Industrieausschuss gestrichen. Der Ausschuss folgte damit in einem
wesentlichen Punkt nicht dem Vorschlag seines Berichterstatters, Dr.
Peter Liese. An anderen Stellen wurden Lieses Änderungsanträge
jedoch
angenommen, so dass eine kontroverse Abstimmung vor allen Dingen über
den Änderungsantrag 10 erwartet wird.
Alle Fraktionen sind in dieser Frage gespalten, aber man kann
mittlerweile bestimmte Tendenzen erkennen. Die größte Fraktion
im
Europäischen Parlament, die EVP-ED-Fraktion, hat in einer indikativen
Abstimmung die Position des Rechtsausschusses unterstützt. Da
die
Abstimmung allerdings sehr knapp war, hat man sich auch auf eine
Rückfallposition geeinigt, falls der Antrag des Rechtsausschusses
keine
Mehrheit findet. In diesem Fall soll ein Kompromissantrag, den
der
italienische Abgeordnete Professor Giuseppe Nistico formuliert hat,
angenommen werden. Dieser besagt, dass ähnlich wie in Deutschland,
nicht
an Embryonen selbst, aber an embryonalen Stammzellen geforscht werden
soll, die vor einem bestimmten Stichtagsdatum hergestellt wurden. Diese
Position wäre viel mehr mit dem deutschen Recht zu vereinbaren,
als der
Vorschlag der Kommission oder die Position des Industrieausschusses.
Dem Vernehmen nach liegt die Fraktion der Grünen auf der gleichen
Linie.
Sie will zunächst die Anträge des Rechtsausschusses und als
Rückfallposition den Antrag von Herrn Nistico unterstützen.
Der
Bundestag hatte sich im Oktober mit einer großen Mehrheit aus
CDU/CSU,
SPD und Grünen für ein solches Vorgehen ausgesprochen. Um
den nationalen
Gesetzgeber zu respektieren, sollte entweder gar keine Forschung mit
menschlichen embryonalen Stammzellen unterstützt werden oder nur
Forschung mit Zellen, die vor einem bestimmten Stichtag gewonnen wurden.
Die Position der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament weicht
von
diesem Beschluss ab. Die große Mehrheit der SPE-Fraktion lehnt
sowohl
den Antrag des Rechtsausschusses, als auch den Kompromissvorschlag
von
Herrn Nistico ab. Es wird nun darauf ankommen, ob sich die deutschen
Sozialdemokraten in dieser Frage an ihren Bundestagskollegen orientieren
oder an den Labour-Abgeordneten, die in der SPE-Fraktion die
Federführung haben. Dem Vernehmen nach könnte das Stimmverhalten
der
deutschen Sozialdemokraten entscheidend für die Mehrheitsbildung
im
Plenum sein. Möglicherweise wird es auf sehr wenige Stimmen ankommen.
Zur wissenschaftlichen Diskussion über die Arbeit mit embryonalen
Stammzellen
Zur Forschung an menschlichen Embryonen veranstaltete der
Berichterstatter Dr. Peter Liese am Dienstag dieser Woche ein Hearing
mit Forschern aus verschiedenen europäischen Ländern und
mit
Patientenvertretern. Dabei wurde auch von den Forschern, die an
menschlichen embryonalen Stammzellen arbeiten vorgetragen, dass eine
therapeutische Anwendung in den nächsten Jahren nicht denkbar
ist. Dafür
sei das Krebsrisiko bei der Übertragung von menschlichen embryonalen
Stammzellen zu groß.
Dr. Thorsten Trapp, der bis vor kurzem am Max-Planck-Institut in Köln
geforscht hat und jetzt am Institut für Transplantationsdiagnostik
und
Zelltherapie in Düsseldorf arbeitet, stellte beindruckende Studien
zum
Krebsrisiko der embryonalen Stammzellen vor. Genauso wie sein Kollege
Dr. Hannes Strasser von der Universität Innsbruck betonte er,
dass es in
gewissen Punkten eine Grundlagenforschung mit embryonalen Stammzellen
geben muss. Beide sehen aber überhaupt keine Notwendigkeit, neue
embryonale Stammzellen herzustellen. Sie sprachen sich insofern gegen
den Kommissionsvorschlag und für die deutsche Position aus.
Auch der Vertreter der Patienten, Dr. Andreas Reimann, Geschäftsführer
der Mukoviszidose-Vereinigung in Deutschland und Vorstandsmitglied
des
europäischen Patientenverbandes EURORDIS zeigte sich sehr differenziert
zur Frage der embryonalen Stammzellforschung. Zwar gebe es viele
Patienten, die ihre Hoffnung in diese Forschungsrichtung setzen, die
meisten Patienten, insbesondere in Deutschland, seien aber mehr an
der
adulten Stammzellforschung interessiert, weil konkrete
Heilungsmöglichkeiten dort sehr viel schneller möglich sind.
Dr. Reimann
schloss mit dem Statement, dass die Patientenverbände keinesfalls
als
Kronzeugen für eine Unterstützung der Herstellung neuer Stammzelllinien
und der damit verbundenen Zerstörung von Embryonen herhalten könnten.
"Angesichts der neusten Forschungsergebnisse erscheint die Position
der
Europäischen Kommission, die fast um jeden Preis Embryonen mit
europäischen Steuergeldern zerstören will, noch absurder.
Ich bin
entsetzt, dass weder die dringenden Appelle des Deutschen Bundestages,
noch die klar ablehnende Haltung von 5 Mitgliedsstaaten die Europäische
Kommission beeindruckt hat" erklärte Peter Liese, Berichterstatter
des
Europäischen Parlamentes und Vorsitzender der Arbeitsgruppe Bioethik
der
größten Fraktion im EP.
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